Krefelder Kunstverein

Yury Kharchenko

Ende: Sonntag, 01. Mai 2022, 13:00
Eröffnung: Freitag, 25. März 2022, 19:00
Begrüßung: Einführung und Künstlergespräch: Kay Heymer, Leiter Moderne Kunst Kunstpalast Düsseldorf
Ohne Titel, Öl auf Leinwand, 140 x 120 cm, 2022

Superhelden vor den Auschwitztoren treffen auf sensible Malerei

Vom 25. März bis 1. Mai 2022 zeigt der Krefelder Kunstverein eine Werkschau des russisch – deutschen Künstlers Yury Kharchenko. Die Einzelausstellung stellt zwei sehr gegensätzliche Bilderzyklen des Künstlers vor: Gestalten von Superhelden vor den Toren von Auschwitz treffen auf sensible Malerei in Haus- und Blumenbildern.

Der 1986 in Moskau geborene Yury Kharchenko ist 1998 zusammen mit seiner Familie als jüdischer Kontingent-Flüchtling nach Dortmund ins Ruhrgebiet  gekommen und lebt seit zwölf Jahren vorwiegend in Berlin. Seine Auseinandersetzung mit der jüdischen Identität fängt in seinen Bildern mit der Reflexion der eigenen Familiengeschichte und dem erlebten Antisemitismus in Deutschland an. Sein Großvater wechselte den Namen Grynszpan in Kharchenko, um die familiäre Verbindung zu Herschel Grynszpan zu verstecken und so von antisemitistischen Übergriffen verschont zu bleiben. Herschel Grynszpan war der 17- jährige jüdische Junge, der den Nazi Attaché Ernst vom Rath erschoss, was Hitler als Vorwand  für die Reichspogromnacht  nahm. Siebzig Jahre nach der Shoah erlebt der Enkel Yury Kharchenko in Deutschland einen neuen Antisemitismus. In seiner Kunst besinnt er sich auf seine jüdische Identität und lotet aus, wie es auf seine Malerei einwirkt. Für Yury Kharchenko sind Kunst und  Leben eins. Er malt Bilder von Herschel Grynszpan und Porträts von anderen jüdischen Persönlichkeiten, wie Siegmund Freud, Franz Kafka oder Alfred Flechtheim, der die Avantgarde der 1930er Jahre begründet hat. Auch heutige Persönlichkeiten wie Amy Winehouse hat er porträtiert.  

All das kulminiert in seinen jüngsten Auschwitz-Bildern, in denen Disney-Protagonisten wie Superman, Batman, Dagobert Duck oder Figuren aus Fernsehserien wie Beavis und Butthead, vor dem Auschwitz-Tor „Arbeit macht frei“ posieren. Der Künstler stellt damit die Frage nach der Utopie des Heroismus. Gleichzeitig verweist er auf einen für ihn sichtbaren Niedergang der deutschen Erinnerungskultur, die ihre Aufgabe des Erinnerns nicht mehr wirklich erfüllt, sondern mehr und mehr zu einem Aufhänger der politischen Korrektheit wird. Für Kharchenko droht das Erinnern in eine Trash-Geschichte zu verfallen.“Das darf nicht geschehen, wir brauchen eine ethische Komponente“, sagt er. Seine allerjüngsten Werke sind Blumenbilder. Große Gemälde von zwei Metern Höhe zeigen versunkene Pflanzen, Stämme mit Knospen oder Blüten und entfaltete Rosen. Zu sehen ist ein Fluss von Farben, der in verschiedensten Regenbogentönen herunterfließt. Diese flüssige Malerei trifft auf pastose Passagen, es entstehen Bilder, die beim Betrachter Gefühle auslösen sollen. Die Blume als Thema umfasst einen neuen Zyklus. Der Künstler sieht darin eine Verbindung zur Natur und zum Leben, aber auch zur Veränderung und Vergänglichkeit. Hier schlägt Yury Kharchenko auch die Brücke zu den Blumenbildern von Emil Nolde. Mit dessen Antisemitismus hat er sich kritisch und eingehend in Gesprächen mit der Nolde-Stiftung auseinandergesetzt. Ein öffentliches Gespräch zu dem Thema ist im Rahmen seiner Ausstellung im Richard Haizman Museum in Niebüll geplant.

Wenn seine Auschwitz-Bilder eine existenzielle Auseinandersetzung mit dem Horror des 20. Jahrhunderts thematisieren, so weisen seine neuen Blumenbilder auf die Vergegenwärtigung des Lebensdrangs hin, der sich im Schatten des allgegenwärtigen Abgrunds der Welt entfaltet. Für Yury Kharchenko spielgelt sich darin das Thema Hoffnung wider, das er auch schon in seinen Haus-Bildern aufgreift. In einer eher abstrahierten Darstellungsform wird das Haus zum Sinnbild für Zuflucht und eines ambivalenten „zu Hause seins“. Mit dem gegensätzlichen Miteinander der genannten Werkgruppen möchte der Künstler den Betrachter zum Nachdenken bringen.

Vom 10. Juni bis Ende August hat Yury Kharchenko eine Soloausstellung im Richard Haizmann Museum für Moderne Kunst in Niebüll. Die Ausstellung ist in Kooperation mit dem Emil Nolde Museum in Seebüll. Es findet ein Künstlergespräch mit Dr. Christian Ring, Direktor und Nachlassverwalter des Nolde- Museums, statt.

Wenn Sie mehr über Yury Kharchenko und seine mediale Präsenz erfahren wollen, klicken Sie bitte hier!

Die Ausstellung ist an den Ostertagen (15. bis 18. April) geschlossen!